Der virtuelle Radiohimmel

Daniel Schlich

  1. Einleitung
  2. Die Geschichte der Radioastronomie
  3. Die Entstehung der Programme
    1. Die Erschaffung des virtuellen Radiohimmels
      1. Die Daten
      2. Das Dateiformat
      3. Die Karte
    2. Das virtuelle Radioteleskop
  4. Die Bedienung des Programmes
    1. Das Teleskop
    2. Das Archiv
    3. Neue Karten erstellen
    4. Quellen beobachten
    5. Die Bibliothek
      1. Das kleine Lexikon
      2. Die Internet-Galerie
      3. Die Bildergalerie
    6. Die Ausgabe über die Soundkarte
  5. Die Koordinaten
    1. Das Koordinatensystem
    2. Die Sternzeit
    3. Galaktische Koordinaten
  6. Schluß
  7. Literaturverzeichnis
Version 1.2 Beta - (c) 1997 bei dpmPC Software
Radiohimmel
"jugendforscht" - Arbeit 1997 von
Daniel Schlich
Inhalt

1. Einleitung

Radioastronomie gehört sicherlich zu einem der interessantesten Gebieten der Astronomie. Leider muß man, um ordentliche Radioastronomie betreiben zu können, einen relativ großen Aufwand treiben. Man braucht mindestens eine Antenne, einen Empfänger und einen Schreiber. Zum genauen Beobachten benötigt man zusätzlich eine Nachführung und einen Computer zum Auswerten der Daten. Diesen Aufwand kann man sich als Privatperson oder als Schule meistens nicht leisten.

Meine ehemalige Schule hatte das Glück, daß das MPIfR (Max-Planck-Institut für Radioastronomie) Bonn ihr einen 1,7-m-Parabolspiegel samt Nachführung und Empfänger zur Verfügung stellte. So bildete sich eine AG, die viele interessante Messungen durchführte und diese auch erfolgreich bei "jugend forscht" vorstellte.

Bei vielen Gesprächen mit anderen Schulen, Lehrern und Schülern wurde immer wieder nach einer Möglichkeit gefragt, wie man mit wenig Aufwand selbst Radioastronomie betreiben könnte. Also suchten wir, angespornt auch durch die Tatsache, daß das MPIfR das Teleskop zurückhaben wollte, nach Lösungen. Es gab verschiedene Ansätze, wie z.B. das kleinste Radioteleskop der Welt von Mario Simons, Gerd Nolden und Silke Kremer: ein 35-cm-Parabolspiegel und ein Verstärker, der mit relativ geringem Aufwand leicht nachgebaut werden kann. Leider eignet sich das kleine Teleskop aufgrund seiner Größe nur für Sonnenbeobachtungen.

Meine Arbeit stellt nun den Versuch dar, jedem Interessierten den gesamten Radiohimmel für astronomische Messungen zur Verfügung zu stellen. Diesen Radiohimmel habe ich anhand realer Meßdaten, die an den Radioteleskopen Effelsberg, Jodrell Banks und Parkes gewonnen wurden, erstellt. Weiterhin habe ich ein Programm geschrieben, das es erlaubt, mittels eines virtuellen Radioteleskops an dem oben beschriebenen Radiohimmel Beobachtungen durchzuführen. Radioquellen können mit einer Auflösung von 3,4 Bogenminuten nachgewiesen werden.

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2. Die Geschichte der Radioastronomie

Die Astronomie gehört sicherlich zu den ältesten Wissenschaften der Menschen und hat eine lange Tradition: selbst die alten Mayas haben schon die Sterne beobachtet, und für die Seefahrt waren die Sterne für die Positionsbestimmung lange Zeit unerläßlich. Im Mittelalter erlebte die Astronomie einen Aufschwung. Auch heute noch gehört sie zu den bedeutenden Wissenschaften und erfreut sich auch bei Amateuren großer Beliebtheit.

Die Radioastronomie hingegen ist eine ganz neue Wissenschaft und verdankt ihren Anfang eher dem Zufall: Im Jahre 1931 stellte der Physiker Karl Guthe Jansky im Auftrag der Bell Telephone Laboratories eine Untersuchung der Störungen beim transatlantischen Funkverkehr an. Dazu baute er eine große Richtantenne, mit der er die Radiostrahlung bei einer Frequenz von 20,5 MHz untersuchte. Er stellte schnell fest, daß nahe und auch ferne Gewitter die Ursache für das Knacken sind, und zusätzlich entdeckte er ein starkes Rauschen, das aus Richtung der Milchstraße zu kommen schien. Obwohl über diese Entdeckung in der Fachpresse berichtet wurde, interessierte sich kaum jemand für dieses unerklärliche Phänomen.

Radioteleskop

Nur der Radioingenieur Grothe Reber verfolgte diese Entdeckung weiter und baute 1937 ein Radioteleskop mit 9,6m Durchmesser in seinen Garten (Abb. 2-1). 1940 veröffentlichte er die erste Karte des Nordhimmels. Diese Karte, aufgenommen bei 162 MHz, hatte eine Auflösung von 7° und zeigte die Strahlung entlang der gesamten Milchstraßenebene.

Auch wenn jetzt die Radioastronomie langsam in das Bewußtsein der Astronomen vordrang, eine Erklärung für die Radiostrahlung hatte man nicht. Die Annahme, daß sie ausschließlich thermischen Ursprungs sei, wurde dadurch widerlegt, daß die gemessene Intensität mit der Wellenlänge zunahm. Erst 1950 verwendete Karl-Otto Kiepenheuer den Synchrotron-Strahlungsprozess zur Erklärung der Radiostrahlung: Wenn ein Elektron mit annähernd Lichtgeschwindigkeit durch ein Magnetfeld fliegt, bewegt es sich auf einer spiralförmigen Bahn um die Magnetfeldlinien und wandelt dabei seine Bewegungsenergie in Strahlungsenergie um.

Während des II. Weltkriegs wurde in der Radioastronomie nicht viel geforscht. Nach 1945 wurde allmählich wieder Radioastronomie betrieben, oft auch mit dem sogenannten "Würzburger Riesen", einem ehemaligen Radarspiegel der Deutschen mit ca. 9 m Durchmesser. In Deutschland selbst war die Radioastronomie in der Nachkriegszeit allerdings verboten. Erst 1956 ging es mit der deutschen Radioastronomie durch die Eröffnung des Astropeilers Stockert, einem 25-m-Radioteleskop auf dem Berg Stockert in Bad Münstereifel, weiter. Heute gehört sie mit dem - seit 25 Jahren - größten vollbeweglichen Radioteleskop, dem 100-m-Radioteleskop in Effelsberg, mit zu den führenden in der Welt.

Seither hat die Radioastronomie eine ganze Menge hochgradig interessanter Ergebnisse erzielt und unser Wissen um den Ursprung des Universums, um die Entstehung von Planeten, die Funktionsweise der Sonne, den Aufbau des Weltraums und auf vielen weiteren Gebieten erheblich erweitert.

Dazu haben in großem Maße auch die drei Radioteleskope Effelsberg, Jodrell Banks und Parkes beigetragen, auf denen die Daten, die meinem Programm zugrunde liegen, gewonnen wurden.

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3. Die Entstehung der Programme

3.1 Die Erschaffung des virtuellen Radiohimmels

3.1.1 Die Daten

Radiohimmel

Die Daten, auf denen das Programm basiert, stammen aus einer kompletten Himmelsdurchmusterung bei einer Frequenz von 408 MHz (λ = 73 cm), die von C. G. T. Haslam, C. J. Salter, H. Stoffel und W. E. Wilson in den Jahren 1964 - 1978 durchgeführt worden ist. Die Daten wurden auf drei verschiedenen Radioteleskopen - Effelsberg (100m), Jodrell Banks (76m) und Parkes (64m) - durchgeführt und auf eine Auflösung von 3,24 * 3,24 Bogenminuten umgerechnet. Diese Daten liegen auch dem berühmten Bild der Galaxie bei 408 MHz (Abb. 3-1.) zugrunde.

C. G. T. Haslam stellte mir freundlicherweise die Daten in Form von 108 einzelnen Dateien von jeweils 32°x17° (galaktische Koordinaten) zur Verfügung. Die erste Datei enthielt die Daten des Ausschnitts von b1 = 344°; l1 = -91° bis b2 = 016°; l2 = -69°, die zweite Datei des Ausschnitts von b1 = 014°; l1 = -91° bis b2 = 046°; l2 = -71° bis zur 108. Datei, die die Daten des Ausschnitts von b1 = 314°; l1 = +69° bis b2 = 346°; l2 = +91° enthielt. Die Daten haben eine Auflösung von 3 Werten pro Grad, und die Dateien überschneiden sich um jeweils 1° an jeder Seite.

Leider wußte Herr Haslam nicht mehr, wie die Daten in der Datei gespeichert sind. Da es sich bei dem Dateiformat nicht um das originale NOD2-Format handelt, wie es in Effelsberg verwendet wurde, sondern um eine geänderte Version, die Herr Haslam für die Speicherung der Daten auf einem Commodore C-64 Computer entwickelt hatte, gab es auch keinerlei Dokumentation darüber. Also mußte ich in mühevoller Kleinarbeit untersuchen, wie die Daten in der Datei gespeichert sind.

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3.1.2 Das Dateiformat

Nachdem ich mehrere Dateien undekodiert ausgedruckt und miteinander verglichen hatte, konnte ich eine ungefähre Vorstellung von dem Dateiformat gewinnen:

Nach diesem Parametern folgen die eigentlichen Daten: In einer erst Annahme bin ich davon ausgegangen, daß jeder Punkt der Karte als Ein-Byte-Wert (0-255) abgespeichert ist. Aus der in Kapitel 3.1.1 beschriebenen Größe der Dateien folgerte ich, daß in jeder Datei 96 * 66 Werte stehen müßten. Ein Blick in die erste Datei bestätigte mir dies. Also schrieb ich ein Programm, welches die Dateien nach dieser Vorlage auswertete. Bei den Dateien, die einen Ausschnitt im Bereich von b ≈ ± 90° bis ± 30° darstelle funktionierte dies auch. Nur bei Dateien, die einen Bereich der Milchstraßenebene beschreiben kamen dabei keine zufriedenstellenden Ergebnisse heraus.

Nachdem ich ein altes BASIC-Programm analysiert hatte, das ursprünglich von C. G. T. Haslam für den Commodore C-64 zum Dekodieren der Daten geschrieben wurde, stellte sich heraus, daß meine erste Annahme in Bezug auf das Dateiformat nicht ganz richtig war.

Da es bei diesem Dateiformat darum ging, möglichst wenig Speicherplatz zu verbrauchen, ist die Größe der Werte variabel. Im Normalfall handelt es sich um einfache Byte-Werte, die einen Bereich von 32 - 256 haben können, so daß die Strahlungstemperatur T = Wert - 32 ist. Wenn nun in der Datei der Wert 25 (19h) steht, so bedeutet dies, daß die folgenden Strahlungstemperaturen größer als 224 sind und sich aus zwei Dateiwerten zusammensetzen: T = Wert1 - 32 + 224 * (Wert2 - 32) (BereichT = [0; 50400]). Dies bleibt solange gültig, bis es durch den Wert 24 (18h) aufgehoben wird.

Um die Strahlungstemperatur des Himmels zu bekommen, muß man den Wert T aus der Datei noch durch 10 dividieren, so daß man einen Bereich von 0 - 5040 Kelvin, bei einer Auflösung von 0,1 Kelvin, hat.

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3.1.3 Die Karte

Radiohimmel

Nachdem ich mein Programm so umgeschrieben hatte, daß es die Dateien richtig dekodiert, gelang es mir, die Daten zu einer Gesamtkarte des Himmels zusammenzufügen. In Abb. 3-2 können Sie das Resultat sehen. Die gelben Zahlen kennzeichnen die Nummer der Datei, in der die Daten gespeichert waren. Die Farbe Blau steht für Werte von 0 - 20 Kelvin, Grün für 10 bis 120 Kelvin und Rot für 100 bis 5000 Kelvin (Rot hat einen so großen Bereich, da nur sehr wenig Punkte mehr als 300 Kelvin haben).

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3.2 Das virtuelle Radioteleskop

Das Programm, ein sehr einfach zu bedienendes Windows-Programm, habe ich selbst mit der visuellen Programmiersprache Delphi entwickelt. Auf eine ausführliche Beschreibung des Programms wird hier verzichtet, da dies zum einen den Rahmen dieses Textes sprengen würde und da zum anderen der Schwerpunkt dieser Arbeit bei der Radioastronomie liegt. Für eine ausführliche Beschreibung bin ich aber jederzeit offen. Hier folgt nun eine kurze Auflistung einiger Probleme und Fragen, die beim Programmieren gelöst werden mußten.

Ein wichtiges Kriterium bei der Entwicklung des Programms war eine möglichst einfache Bedienung. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, das Programm für Microsoft Windows zu entwickeln. Die Bedienung erfolgt über ein virtuelles Bild eines Steuerraums, was eine intuitive Bedienung ermöglicht.

Neben dem Problem mit dem Dateiformat, das ich in Kapitel 3.1.2 beschrieben habe, stellte sich auch die Frage nach der Umrechnung der Koordinaten: die Daten, die dem Programm zugrunde liegen, sind in galaktischen Koordinaten gespeichert. Die erste Version des Programms arbeitete nur mit den galaktischen Koordinaten. Es zeigte sich aber schnell, daß dies nicht sehr sinnvoll ist, da die Positionen von Himmelsobjekten meist in Himmelskoordinaten (celestic coordinates mit den Winkelangaben ra, dec bzw. α, δ) angegeben werden. Also habe ich das Programm umgeschrieben, so daß es die Koordinaten in Himmelskoordinaten entgegennimmt / angibt und zusätzlich die Möglichkeit bietet, galaktische Koordinaten in Himmelskoordinaten umzurechnen.

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4. Die Bedienung des Programmes

4.1 Das Teleskop


Die Programmoberfläche simuliert den Steuerraum eines echten Radioteleskops. Sie bietet einen einfachen Zugang zu den wichtigsten Funktionen:

Ein Klick auf den Monitor öffnet das Fenster, mit dem Karten oder Schreiberdiagramme erstellen werden können.

Der Ordner führt direkt in das Archiv.

Mit einem Klick auf die Bücher kommt man in die Bücherei.

Die Infobox zeigt die aktuelle Ist-Position des Teleskops mit dem Stundenwinkel t sowie dem Deklinationswinkel δ. Außerdem wird die Strahlungstemperatur des Radiohimmels in Kelvin an dieser Position und ein kleines Oszilloskop, das das simulierte Rauschen darstellt, angezeigt.
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4.2 Das Archiv

Das Archiv ist ein Platz, an dem selbst erstellte Himmelskarten und Schreiberdiagramme abgelegt werden können. Über das Archivfenster kann man schnell auf diese Daten zurückgreifen.

Wenn das Programm zum ersten Mal gestartet wird, ist das Archiv noch leer, so daß man sich erst einmal eine eigene Datensammlung anlegen muß.

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4.3 Neue Karten erstellen

In dem übersichtlichen Fenster Fahrprogramm erstellen kann man ganz einfach neue Karten und Schreiberdiagramme erstellen: Man wählt ob man eine neue Karte oder lieber ein neues Diagramm erstellen möchte und stellt dann die gewünschten Himmelskoordinaten ein. Koordinaten von interssanten Objekten sind schon vorgegeben, so daß man nur dessen Name eingeben muß. Nachdem man den Startknopf gedrückt hat, erstellt das Programm automatisch den gewünschten Himmelsscan und präsentiert das Ergebnis im Ausgabefenster.

Das Fenster Neue Karte erstellen Ausgabe als Diagramm Ausgabe als Karte
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4.4 Quellen beobachten

Eine Quelle zu beobachten währe aufgrund der statischen Daten natürlich nicht ganz so interessant wie mit einem echten Teleskop, da keine spektakulären Ereignisse auftreten können. Dehalb hat das Programm in einer zusätzliche Datei Meßungen von verschiedenen Quellen gespeichert, die dann bequem über den Menüpunkt Quelle beobachten abgerufen werden können. So ist man dann in der Lage Pulsarbeobachtungen durchzuführen oder aber die Sonne zu beobachten. Wenn man Glück hat, kann man sogar einen virtuellen, aber auf reellen Meßdaten basierenden, Sonnensturm verfogen.

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4.5 Die Bibliothek

In der Bibliothek findet man viele verschiedene Informationen zu radioastronomischen Themen. Die einzelnen Bereiche der Bibliothek sind in den folgenden Kapiteln beschrieben.

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4.5.1 Das kleine Lexikon

Im kleinen Lexikon befinden sich einige kurze Beschreibungen zu verschiedenen Begriffen, die in dem Programm und in dieser Arbeit verwendet wurden. Man findet dort zwar kein komplettes Astronomielexikon, aber Beschreibungen zu den Stichwörtern wie z.B. Himmelskoordinaten, Radioastronomie oder Wasserstoff.

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4.5.2 Die Internet-Galerie

Eine weitere hervorstechende Eigenschaft des Programms ist die Internet-Galerie. Sie ermöglicht den Schritt zur Internet-Radioastronomie. Dort findet man Links auf interessante Seiten im WWW, die mit Radioastronomie zu tun haben und die man auch als Nichtprofi verstehen kann. Zu jedem Link ist eine kurze Beschreibung angegeben, so daß man nicht lange ausprobieren und suchen muß, sondern die gewünschten Informationen sofort bekommt.

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4.5.3 Die Bildergalerie

In der Bildergalerie befinden sich interessante Bilder samt einer kurzen Beschreibung. Dort findet man z.B. Bilder von der Milchstraße bei verschiedenen Wellenlängen:

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4.6 Die Ausgabe über die Soundkarte

Das Programm bietet zusätzlich die Möglichkeit, die Meßwerte inklusive des Rauschens über die Soundkarte auszugeben. Das ausgegebene Signal entspricht dem Signal, welches bei einem echten Radioteleskop aus dem Empfänger kommen würde. So können, wenn das Programm z.B. im Schuluntericht eingestzt wird, die Schüler eigene Geräte oder Programm zum Auswerten der Daten entwickeln und testen.

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5. Die Koordinaten

5.1 Das Koordinatensystem

Wenn man den Himmel beobachten will, braucht man ein geeignetes Koordinatensystem, mit dem man die Position der einzelnen Sterne, Galaxien, etc. exakt bestimmen kann. Auf der Erde kennt man dieses Koordinatensystem in Form von Längen- und Breitengraden, die wie ein Netz um die Erdkugel gespannt sind. Der 0. Breitengrad ist der Äquator, und der 0. Längengrad geht vom Nordpol über Greenwich zum Südpol. Jeder Ort auf der Erde kann so durch die Angabe seines Breiten- und Längengrades genau definiert werden.

Um sich am Himmel zu orientieren, stellen wir uns das Universum als sehr große Kugel mit der Erde als Mittelpunkt vor. Auf dieser "Himmelskugel" (Himmelssphäre) vollziehen sich nun alle Ereignisse, die wir am Himmel beobachten können, wie z.B. der Lauf der Sterne, Supernovaexplosionen, etc. Um einen beliebigen Punkt auf der "Himmelskugel" zu bestimmen, ist diese wie die Erde mit einem Koordinatensystem überzogen. Der Himmelsäquator ist die Projektion des Erdäquators auf die Himmelskugel, der 0. Längengrad geht durch den Frühlingspunkt ϒ [Taurus] (der Punkt auf dem Himmelsäquator, an dem die Sonne am Frühlingsanfang steht).

In diesem Koordinatensystem ist die Lage eines Sterns durch die Angabe seines Deklinationswinkels δ und seines Rektaszensionswinkel α genau bestimmbar. Die Deklination δ wird entsprechend der geographischen Breite von 0° bis ± 90° gezählt. Die Rektaszension wird nicht in Grad, sondern in Stunden gemessen, wobei die Zählung, entgegen der scheinbaren täglichen Bewegung der Sterne, von 0h - 24h (1h = 15°) erfolgt. Dieses Koordinatensystem heißt Äquatorialsystem oder celestial coordinates, die Winkel α und δ werden auch RA (von right ascension / Rektaszension) und Dec. (Deklination) genannt.

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5.2 Die Sternzeit

Ein Sterntag (=24h 0m 0s) entspricht einer Umdrehung der Erde um 360°, d.h. die Himmelskugel mit allen Fixsternen läuft einmal rund. Der gleiche Stern taucht zur selben (Stern)Zeit wieder in einem feststehenden Radioteleskop / Fernrohr auf.

Da die Erde um die Sonne läuft, entspricht ein Sonnentag (=24h 0m 0s) einer Umdrehung der Erde um ca. 361°, d.h. die Sonne taucht zur selben (Sonnen)zeit im feststehenden Radioteleskop / Fernrohr auf. Aus diesem Grunde ist der Sterntag etwas kürzer als der Sonnentag (in Sonnenzeit gemessen ist ein Sterntag 23h 56m 4,09s lang).

Da hier auf der Erde die normalen Uhren die mittlere Sonnenzeit anzeigen, die Position der Sterne sich aber nach der Sternzeit richtet, muß man, wenn man zu einer bestimmten Zeit sein Radioteleskop / Fernrohr auf ein astronomisches Objekt einstellen will, dessen Koordinaten α und δ man kennt, den Stundenwinkel t erst aus der aktuellen Ortssternzeit Θ berechnen.

Um die Ortssternzeit zu bestimmen, bieten sich verschiedene Methoden an:

Aus der Ortssternzeit Θ kann man dann ganz einfach den Stundenwinkel t berechnen:

t = Θ - α. Wenn man jetzt an seinem Teleskop die Koordinaten t und δ einstellt, kann man den Himmel an der Position α δ beobachten.

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5.3 Galaktische Koordinaten

In der Radioastronomie gibt es ein weiteres Koordinatensystem, das meistens zur Darstellung von Radiokarten verwendet wird. Dieses Galaktische Koordinatensystem verwendet die galaktische Ebene als Äquator und das galaktische Zentrum (α = 17h 42m 12s, δ = -28° 55') als Nullpunkt für die Längenmessung. Der Längengrad hat die Bezeichnung l und der Breitengrad heißt b, wobei beide Angaben in Grad gemessen werden (l = 0-360° und b = ±90°).

Die Umrechnung zwischen den beiden Koordinatensystemen ist eine Umrechnung zwischen zwei sphärischen Koordinatensystemen. Die Neigung des galaktischen Äquators gegenüber den Himmelsäquator beträgt i = 62.6°. Die Umrechnung erfolgt nach der folgenden Formel:

Abb. 5-2: Die Umrechnung der Koordinaten (siehe [8])

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6. Schluß

Das Programm bietet allen an Astronomie Interessierten einen einfachen Einstieg in die Radioastronomie, ohne daß sie teure Geräte kaufen oder bauen müßten. Es simuliert die wichtigsten Funktionen eines Radioteleskops anhand echter Meßdaten.

Natürlich kann das Programm kein Teleskop wie z.B. das Effelsberger Radioteleskop ersetzen, da es auf statischen Daten basiert. So ist z.B. die Bestimmung des Aufbaus eines Sterns oder seiner Geschwindigkeit aufgrund der Beschränkung auf eine einzige Beobachtungsfrequenz nicht möglich. Aber diese Beobachtungen erfordern auch bei echten Teleskopen einen großen Aufwand, so daß sie nur von Profis durchgeführt werden können.

Da das Programm ständig weiterentwickelt und mit neuen Funktionen bereichert wird, bin ich offen für Kritik oder Anregungen. So sind zum Beispiel für die nächsten Versionen geplant:

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7. Literaturverzeichnis

  1. C. G. T. Haslam et al. · A 408 MHz All-Sky Continuum Survey. II. The Atlas of Contour Maps - Sonderdruck Nr. 545 Ser. A · M.P.I.f.Radioastronomie, Bonn
  2. H. U. Keller · Das Kosmos Himmelsjahr 1997 · 1996, Franckh-Kosmos Verlag
  3. Gerrit Verschuur · Die Phantastische Welt der Radioastronomie · Birkhäuser Verlag
  4. G. D. Roth (Hrsg.) · Handbuch für Sternfreunde - Band 1 · Springer Verlag
  5. F. Gondolatsch, G. Groschopf, O. Zimmermann · Astronomie · Klett
  6. Elma Warken · Delphi · Addison-Wesley Verlag
  7. Delphi 2 - Das Buch · tewi Verlag
  8. K. R. Lang · Astrophysical Formulae · Springer Verlag

(c) 1997 bei
Daniel Schlich
dpmPC Software
Scheuerhecker Straße 3
53902 Bad Münstereifel