Das kleinste Radioteleskop der Welt

Silke Kremer, Gerd Nolden und Mario Simons

  1. Kurzfassung
  2. Motivation und Zielsetzung
  3. Der Bau eines rauscharmen Verstärkers
  4. Messungen mit einem 1,5m Parabolreflektor
    1. Messungen der Sonne
    2. Messungen des Mondes
    3. Messungen von schwachen Radioquellen
  5. Sonnenbeobachtungen mit einem 35cm Offsetreflektor
    1. Vorüberlegungen
    2. Abschätzung und Berechnung der Grenzempfindlichkeit
    3. Montieren des Teleskop auf eine parallaktische Nachführung
    4. Ausrichten des Teleskops
      1. Ausrichtung mittels Polarstern
      2. Ausrichtung mittels Satelliten und Sonne
    5. Einstellung des Teleskops bei bedecktem Himmel
    6. Messungen mit dem 35cm Offsetreflektor
      1. Einfluß des Windes
      2. Einfluß des Regens und der Wolken
  6. Ausblick
  7. Danksagung
  8. Literaturliste
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Inhalt

1. Kurzfassung

Ziel unserer Arbeit ist es, eine radioastronomische Empfangsanlage zu entwickeln, die für alle Schulen erschwinglich ist und ohne größeres Fachwissen betrieben werden kann. Auf Grund der großen Fortschritte, die bei handelsüblichen Satellitenempfängern erzielt worden sind ( [4] S. 47 ), entschlossen wir uns, mit preiswerten Parabol- und Offsetreflektoren und rauscharmen LNCs den Versuch zu wagen, Radiostrahlung aus dem Weltraum nachzuweisen. Die Verwendung eines Receivers als Verstärker kam nicht in Frage, da wir die Energie der ganzen Bandbreite des LNCs brauchten, um unser Ziel zu erreichen. Aus diesem Grund bauten wir aus hochwertigen Bauteilen einen rauscharmen Verstärker, der uns gute Verstärkungen, selbst bei einem Verstärkungsfaktor von 100.000, ermöglichte. Mit einem 1,5m Parabolreflektor konnten wir so eine untere Nachweisgrenze von 1.000 Jansky ( Cassiopeia A 1.084Jy ) erreichen. Das Herzstück unserer Arbeit bildet jedoch ein 35cm Offsetreflektor, den wir mit einer einfachen Fernrohrnachführung der Sonne nachführen konnten. Außer zur Sonnenbeobachtung, eignete sich dieses kleine Radioteleskop ( f=12GHz ) auch noch zur Radarmeteorologie. Wir glauben, daß wir mit unserer Arbeit allen Schulen die Möglichkeit eröffnet haben, sich auf das Abenteuer Radioastronomie einzulassen.

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2. Motivation und Zielsetzung

Seit mehreren Jahren wird an unserer Schule, dem St. Michael Gymnasium in Bad Münstereifel, Radioastronomie im Rahmen einer Physik - AG von ständig wechselnden Schülergruppen betrieben. Nach Aussagen unserer Vorgänger, hat ihnen diese Arbeit nicht nur Spaß gemacht, sondern es war für sie ein Erlebnis, endlich einmal "richtige" Physik zu betreiben. Während ihrer 1-2jährigen Arbeit, mußten sie sich mit praktischer Mechanik, Elektronik, Himmelsmechanik, angewandter Mathematik,... beschäftigen. Außerdem half es manchem, sich über seinen beruflichen Werdegang Klarheit zu verschaffen. Aus den oben genannten Gründen wollten auch wir uns mit Radioastronomie beschäftigen. Zusätzlich kamen wir auf die Idee, Radioastronomie derart zu betreiben, daß auch andere Schulen - die nicht so wie wir - von der freundlichen Hilfe des Max-Plank-Institutes für Radioastronomie in Bonn profitieren, in diesem Bereich tätig werden können. Deshalb war es unser Ziel, eine preiswerte radioastronomische Empfangsanlage zu entwickeln, die auch von interessierten Schülerinnen und Schülern anderer Schulen einfach nachzubauen und zu betreiben ist.

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3. Der Bau eines rauscharmen Verstärkers

Um unser Ziel zu erreichen, entschlossen wir uns, einen handelsüblichen 1,5m Parabolreflektor mit einem rauscharmen LNC (LNC der Firma Gardiner mit nur 0,7dB Rauschen) zu kaufen. Auf den Kauf eines Receivers verzichteten wir, da uns klar war, daß wir die Energie der ganzen Bandbreite des LNCs brauchten, um Radiostrahlung aus dem ganzen Weltraum empfangen zu können. Die Radiostrahlung wird von der 1,5m-Parabolantenne zum LNC reflektiert. Der Parabolreflektor hat eine Verstärkung von 40dB, das LNC eine Verstärkung von 55,0 bis 57,5dB bei einer Rauschzahl von 0,6/ 0,7dB. Die Eingangsfrequenz liegt im Bereich von 10,95 bis 11,70GHz, die Ausgangsfrequenz im Bereich von 950 bis 1700MHz. Der LNC ist folgendermaßen aufgebaut : Die hochfrequenten Signale im Bereich von 10,9 - 11,7 GHz werden von drei HEMT-Verstärkern vorverstärkt. In einem darauffolgenden Bandpass werden alle Frequenzen, die nicht im Bereich von 11,95 - 11,75 GHz liegen herausgefiltert. Das durchgelassene Signal wird von einem Mischer auf 950 - 1750 MHz heruntergesetzt. Von zwei weiteren Verstärkern wird das Signal noch einmal verstärkt. Die Betriebsspannung und die Meßspannung werden über ein einziges Kabel geleitet. Die Betriebsspannung ist eine Gleichspannung und wird über eine Spule zum Bias-Modul geleitet. Damit sie nicht direkt auf die Verstärker trifft, befindet sich zwischen Zuleitung und Verstärker ein Kondensator. Die Meßspannung ist hochfrequent und geht durch den Kondensator, kann aber nicht die Spule passieren und erreicht deshalb nicht das Bias Modul. Bevor die Signale zu unserem selbstgebauten DC-Verstärker kommen, durchlaufen sie eine DC-Weiche. Die DC-Weiche dient dazu, die oben angesprochene Zuleitung der Verstärkerspannung und die Ableitung der Meßspannung zu regeln. Die hochfrequente Meßspannung wird durch einen Kondensator zum DC-Verstärker, und die Versorgungsspannung wird über eine Spule zum LNC geleitet. Durch diese beiden Bauteile ist bereits eine sichere Zu- und Ableitung von Versorgungsspannug und Meßspannung gewährleistet, weil die niederfrequente Versorgungsspannung nicht durch den Kondensator in den Verstärker, und die HF- Meßspannung nicht durch die Spule in das Netzteil gelangen kann.
Wenn die Meßspannung die DC-Weiche passiert hat, kommt sie in unseren selbstgebauten DC-Verstärker (Abb. 3.1a, 3.1b und 3.1c ).

Abb. 3.1a Schaltplan des rauscharmen DC-Verstärkers

Abb. 3.1b Der DC-Verstärker noch ohne Diode

Abb. 3.1c Ein DC-Verstärker wird mit dem Oszilloskop überprüft. (1000fache Verstärkung unten 10mV, oben 10V)

Der erste Schritt ist, daß die Meßspannung von einer hochwertigen Diode in eine Gleichspannung umgewandelt wird. Diese Diode zeichnet sich durch eine gute Linearität und ein breites Frequenzspektrum aus. Diese Gleichspannung wird danach von unserem Verstärker 1000fach verstärkt. Wir verwenden dazu den rauscharmen AD624CD, bei dem man den Verstärkungsfaktor durch Brücken zwischen 10 und 1000 facher Verstärkung einstellen kann. Um den Nullpunkt der Meßspannung verschieben zu können, ist eine Offsetschaltung über den IC OP07 (Verstärker) gekoppelt. Der IC dient also nicht als weiterer Verstärker, sondern sorgt dafür, daß die Spannung der Offsetschaltung konstant bleibt. Die Spannungsversorgung des LNCs und des gesamten Verstärkers wird von einem stabilisierten Netzteil übernommen. Die verstärkte Spannung steht dann über einen Schutzwiderstand am Ausgang des Verstärkers zur Verfügung und kann von einem Schreiber oder einem Computer mit AD-Wandler gemessen werden. Um eine noch höhere Verstärkung zu erreichen haben wir einen zweiten Verstärker der gleichen Art mit 100facher Verstärkung in Reihe geschaltet.

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4. Messungen mit einem 1,5m Parabolreflektor

4.1 Messung der Sonne

Für unsere ersten Messungen haben wir das Teleskop auf einen Ständer montiert und von Hand auf die Sonne ausgerichtet. Zu unserer Freude verstärkte unsere Anlage so gut, daß wir das Signal sogar um 6dB dämpfen mußten (s. Abb. 4.1a ). Nun konnten wir Sonnendurchläufe aufzeichnen. Dazu haben wir das Teleskop so auf den Himmel gerichtet, daß die Sonne durch die Antennenkeule des Teleskops lief. Um möglichst hohe Intensitäten zu erreichen, haben wir vorher den LNC im Brennpunkt des Parabolreflektors fokussiert. Zusätzlich haben wir in den Reflektor den LNC-Schatten bei optimaler Ausrichtung gezeichnet. Dadurch wurde die Einstellung des Teleskops sehr erleichtert. Die Sonnendurchläufe zeigten die Qualitäten der Anlage, so waren keine Nebenkeulen und nahezu kein thermisches Rauschen zu erkennen (s. Abb. 4.1a).

Abb. 4.1a Sonnendurchlauf mit 6dB Dämpfung

Die obige Methode, Objekte im Durchlauf zu messen, hatte jedoch den Nachteil, daß man die Intensität des Objektes nur für eine kurze Zeitspanne registrieren kann. Um dieses Problem zu beheben, haben wir das Teleskop auf die alte Nachführung unserer Vorgänger montiert ( s. Abb. 4.1b ). Das Teleskop wackelte jedoch so stark im Wind, daß bei einer Halbwertsbreite der Antennenkeule von nur 1,1° starke Intensitätsschwankungen zu verzeichnen waren ( s. Abb. 4.1c ). Außerdem gelang es nicht, mit hinreichender Genauigkeit die Sonne anzusteuern, da die Nachführung einen Einstellungsfehler von ±1° aufwies. Aus den genannten Gründen kann unser Teleskop auf der alten Nachführung also nicht für Langzeitmessungen eingesetzt werden.

Abb. 4.1.b Der 1,5m Parabolreflektor auf der alten Nachführung

Abb. 4.1.c Das Teleskop wackelt im Wind

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4.2 Messungen des Mondes

Monddurchläufe konnten mit unserer Anlage ohne Probleme aufgezeichnet werden (s. Abb. 4.2.a und Abb. 4.2.b). Dabei zeigten sich sogar Intensitätsunterschiede bei Halb- und Neumond infolge der unterschiedlichen Sonnenbestrahlung.

Abb. 4.2.a Neumond

Abb. 4.2.b Halbmond

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4.3 Messungen von schwachen Radioquellen

Um genau zu wissen, welche Radioquellen wir außer Sonne und Mond noch nachweisen können, haben wir errechnet, wie hoch der Strahlungsfluß einer Quelle in Jansky (Jy) mindestens sein muß. Anhand einer Mondmessung konnten wir auf die Größe des thermischen Rauschens schließen. Auf dem Meßstreifen entsprechen 250mm auf der Hochwertachse einem Spannungswert von 1000mV (1mm entspricht 4mV). Die Höhe des thermischen Rauschens beträgt 2mm und entspricht somit einer Spannung 8mV. Aus einer Messung der ruhigen Sonne (s. Abb. 4.1.a) konnten wir errechnen, wieviel mV auf der Hochwertachse 1Jy entspricht. 250mm auf der Hochwertachse entsprechen 20000mV und 103mm (Höhe der ruhigen Sonne) entsprechen dann 8240mV. Da die Dämpfung 6dB (Faktor 4) betrug, folgt für den wahren Wert der Sonne 4*8240mV=32960mV. Aus der Tabelle in Abb. 4.3.a (aus Altenhoff, 1989 S.250) entnahmen wir, daß die ruhige Sonne bei unserer Frequenz und Wellenlänge (f=11,3GHz, l=2,65cm) einen Strahlungsfluß von 4,5*106Jy hat. Demnach gilt für die obige Messung 4,5*106Jy entsprechen 32960mV, und somit entspricht 1Jy 7,3mV. Da das thermische Rauschen unserer Anlage 8mV beträgt (s.o.) folgt, daß Radioquellen < 1000Jy (1000Jy entsprechen 7,3m V) im thermischen Rauschen untergehen. Da die Radioquellen CasA und TauA knapp an unserer Nachweisgrenze liegen, währe ein Nachweis durch korrektes Aufaddieren vieler Einzelmessungen möglich. Dies setzt jedoch eine exakt einstellbare Nachführung voraus, die wir nicht besaßen.

Abb. 4.3.a Strahlungsfluß von Radioquellen in Abhängigkeit von der Wellenlänge. (aus [3])

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5. Sonnenbeobachtung mit einem 35cm Offsetreflektor

5.1 Vorüberlegungen

Mit unserem 1.5m Parabolreflektor ist es uns gelungen, Sonnen- und Monddurchläufe in sehr guter Qualität aufzuzeichnen . Die Nachweisgrenze unserer Anlage liegt bei 1000 Jansky, d.h. nahe der Radioquellen Cassiopeia A (1084 Jansky ) und Taurus A (687 Jansky ). Langzeitbeobachtungen der Sonne sowie Aufaddierungen zum sicheren Nachweis der oben genannten schwachen Radioquellen ist uns aufgrund der ungenauen, uns überlieferten Nachführung nicht möglich. Der Erwerb einer neuen, exakteren Nachführung ist für Schulen nicht finanzierbar und widerspricht unserer in der Einleitung genannten Zielsetzung. Bei der Diskussion über den Bau einer preiswerten und präziesen Nachführung, kam die Frage auf :"Wozu brauchen wir denn überhaupt eine Nachführung ?" Zur Anpeilung interessanter Objekte (z.B.:Mond, Satelliten, ...) genügt die Einstellung per Hand. Unentbehrlich ist sie jedoch bei der Beobachtung der interessantesten und stärksten Radioquelle am Himmel : der Sonne (z.B. zur Messung von Sonnenstürmen). Plötzlich hatten wir die Idee, daß dank des hohen Verstärkungsfaktors unseres selbstgebauten Verstärkers (50dB ) ein kleiner Spiegel zum Nachweis der Sonnenaktivitäten ausreichen könnte. Wir entschieden uns für einen 35cm Offsetreflektor (Abschattungsverluste durch den LNC sind minimal ), da wir zu der Überzeugung gelangten, daß wir diesen mit einer einfachen Fernrohrnachführung (wie sie an vielen Schulen vorhanden ist ) fahren können, was den Bau oder die teure Anschaffung einer Nachführung erspart. Außerdem ist diese kleine Antenne so billig, daß andere Schulen sie auch erwerben und ebenso wie wir Sonnenbeobachtung betreiben können. Aufgeregt machten wir uns daran, das, nach unserem Wissen, kleinste Radioteleskop der Welt zu bauen!!!

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5.2 Abschätzung und Berechnung der Grenzempfindlichkeit

Da die Verstärkung der 1,5m - Antenne mit dem LNC ca. 95 dB beträgt und die des 35cm - Offsetreflektors 81 dB(mit dem LNC), würde der Unterschied 14 dB betragen, d.h. sie wäre um das 25fache geringer. Der Mond, der mit dem 1,5m Spiegel mit ca. 400 mV empfangen wird, würde also bei dem 35cm Spiegel nur noch mit einer Intensität von 16 mV empfangen werden, was bedeutet, daß der Mond theoretisch gerade noch nachweisbar ist und die Sonne, die ja viel stärker strahlt, müßte also auf jeden Fall wahrzunehmen sein. Praktisch jedoch ging der Mond gerade im thermischen Rauschen (ca 8 mV) unter. Um so größer war unsere Freude, daß die Sonne mit Sicherheit nachgewiesen werden kann (siehe Messung vom 27.04.93, Abb.5.2.a).

Abb. 5.2.a Sonnenschwenk mit dem 35cm-Offsetreflektor

Problem:
Wie genau muß das Teleskop bei der Sonnenbeobachtung nachgeführt werden? Können wir das 35cm-Teleskop mit einer Nachführung fahren die für Sternbeobachtungen gedacht ist,die also nur 360° pro Tag, und nicht 361°, wie es zur Sonnenbeobachtung notwendig wäre, fährt ? Ist die Abweichung von 1° pro Tag so gravierend, daß Langzeitmessungen ( z.B. 12 Stunden ) unmöglich sind ?
Läßt man die Erde das feststehende Teleskop durch die Sonne drehen, so erhält man einen Sonnendurchlauf, anhand dessen man nicht nur die Halbwertsbreite der Antennenkeule bestimmen , sondern auch die Intensitätsänderung infolge der oben erwähnten Gangungenauigkeit ermitteln kann. Dazu trägt man an der Hochwertachse die Spannung in mV und an der Rechtswertachse den Winkel in Grad auf. Laut folgender Rechnung erhält man 8cm Papiervorschub für 1°:

Rechnung:
Berechnung der Winkelgeschwindigkeit der Erde, die gleichzusetzen ist mit der des Teleskops bezüglich der ruhenden Erde:

Omega = 360° / T = 360° / 23h56m4s = 0,004178(1/s)

In welcher Zeitspanne dreht sich das Teleskop um 1° ?

Delta t = Delta Phi / Omega = 1 / 0,004178(1/s) = 239,35s =3,99min

Ergebnis:
Wie man in dem eingezeichneten Ergebnis sieht, ist die Abweichung von 1° pro Tag ( 24Std. ) nicht unerheblich ( ca. 11,8% ). Auch bei Messungen von 12 Stunden, also einer Abweichung von 0,5° ist eine Ungenauigkeit feststellbar ( ca. 4% ), die aber im Bereich des thermischen Rauschens liegt ( s. Abb. 5.2.1 ). Also ist die Fernrohrnachführung auch ohne Eingriff in die Steuerungselektronik für unsere Sonnenmessungen geeignet, weil 12-Stunden-Messungen der Sonne in unseren Breiten ausreichend sind. Spätere Messungen zeigten uns, daß die Nachführung bis zu 10 Stunden einwandfrei war (LNC-Schatten-Methode).

Abb. 5.2.b Ausschnitt aus einem Sonnendurchlauf (35cm-Offsetreflektor)

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5.3 Montieren des Teleskops auf eine parallaktische Nachführung

Wir montierten den 35 cm Offsetreflektor auf eine Superpolarismontierung von der Firma Vixen. Dazu bauten wir eine Holzkonstruktion ( siehe Abb.: 5.3.1. ) an die wir ein zweites Ausgleichgewicht anbrachten. Denn nur wenn das Teleskop exakt ausbalanciert ist, kann der kleine Schrittmotor den 35cm Offsetreflektor exakt der Sonne nachführen.

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5.4 Ausrichtung des Teleskops

5.4.1 Ausrichtung mittels Polarstern

Das fertig aufgebaute und mit dem Kompaß nach Süden ausgerichtete Radioteleskop wird mit der eingebauten Wasserwaage nivelliert. Nun stellen wir den Wert der geographischen Breite unseres Beobachtungsortes ( Bad Münstereifel 50°33´ ) an der Polhöhen - Skala ein. Wir schwenken den Reflektor auf einen Deklinationswinkel von etwa 0° damit wir durch den Polsucher schauen können. Nun stellen wir das Faden - Ringsystem des Polsuchers scharf., und berechnen die Differenz zwischen den geographischen Längen des Standard - Meridians unserer Zeitzone und der unseres Beobachtungsortes. Bad Münstereifel 6°45,9´ östliche Länge Standard - Meridian der Mitteleuropäischen Zeit (MEZ): 15° östliche Länge Differenz demnach 15° - 6°45,9´ = 8°14´6´´ Bad Münstereifel liegt also 8°14´6´´ westlich des Standard - Meridians. Diesen Wert stellen wir nun durch Drehen der Längen - Zeitskala an der Indexmarke ein. Von nun an darf die Skala nicht mehr berührt werden. Nun lösen wir die Rektaszensionsklemmung und drehen den Reflektor so weit um die Stundenachse, bis sich auf den entsprechenden Teilkreisen am unteren Ende der Stundenachse Datum und Uhrzeit des jeweiligen Zeitpunktes gegenüberstehen, zu dem wir diese Justierung vornehmen. Nun justieren wir den Polsucher mittels Polhöhen - Feinverstellung und Azimut - Feineinstellung auf den Polarstern ( siehe Abb.: 5.4.1 ). Mit dieser Methode kann man die Stundenachse in 5 - 10 Minuten auf etwa 2 - 3 Bogenminuten genau justieren. Die Güte der Ausrichtung konnten wir bei schönem Wetter mittels des LNC-Schattens überprüfen. Sonnennachführungen bis zu 10 Stunden zeigten keine merklichen Abweichungen.

Abb. 5.4a Der 35cm - Reflektor auf der Vixen - Superpolarismonierung mit zweitem Ausgleichgewicht

Abb. 5.4b Gesichtsfeld des Polsucherfernrohrs (aus Vixen - Superpolaris - Teleskop - Anleitung)

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5.4.2 Ausrichtung mittels Satelliten und Sonne

Während man ein optisches Teleskop nur bei klarem Himmel ausrichten kann, gelingt die Ausrichtung des Radioteleskops auch bei geschlossener Wolkendecke, wie nachfolgend beschrieben wird: Als erstes suchen wir uns je einen Satelliten im Osten, im Süden und im Westen, der im Frequenzband 11,70 - 12,60 GHz sendet und welche annähernd den gleichen Elevationswinkel besitzen. Von jedem Satelliten stellen wir nun, durch Messung, den maximalen Leistungsausschlag fest. Diese Werte notieren wir uns, um sie später mit den Meßwerten während des Ausrichten vergleichen zu können. Nun stellen wir das Teleskop mittels Kompaß und Wasserwaage entsprechend unseres Breitengrades ein. Nun korrigieren wir die Neigung der Stundenachse dadurch, daß wir das Teleskop auf einen südlichen Satelliten ausrichten, d.h. maximale Intensität einstellen. Nun schwenken wir das Teleskop nach Osten, wenn dabei die Satellitenbahn verlassen wird, wird die Teleskopmontierung mit der Azimut - Feineinstellung nach Osten bzw. nach Westen verstellt. Nun fahren wir wieder nach Süden und korrigieren erneut die Neigung der Stundenachse. Anschließend schwenken wir das Teleskop auf einen westlichen Satelliten usw. usw. ( Abb. 5.4.2 ). So kann innerhalb von ca. 15 Minuten das Teleskop hinreichend genau ausgerichtet werden. Für Kurzeitbeobachtungen genügt eine Grobjustierung mittels Kompaß und Wasserwaage. Aufgrund der breiten Antennenkeule kann die Sonne dann entsprechend ihres Deklinationswinkels und Stundenwinkels (Himmelsjahr 1993 /94 ) gefunden werden. Noch schneller geht es mit der oben erwähnten LNC-Schatten-Methode, bei schönem Wetter.

Abb. 5.4.2 Ausrichtung des Radioteleskop mittels Satelliten (aus TechniSat Montagehandbuch)

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5.5 Einstellung des Teleskop bei bedecktem Himmel

Als erstes entnehmen wir aus dem Himmelsjahr die Sternzeit, sowie den Deklinationswinkel und den Rektaszensionswinkel der Sonne. Aus diesen Angaben errechnen wir den Stundenwinkel für den Zeitpunkt, wo unsere Sonnenbeobachtung beginnen soll. An folgendem Rechenbeispiel zeigen wir, wie jeden Morgen der Stundenwinkel und der Deklinationswinkel berechnet werden muß.

Beispiel:

04.08.1993 für 7°° MESZ:
Aus dem Himmelsjahr 1993 S.228 entnehmen wir folgende Werte:
Alpha = 8h56m Delta = +17°,3 Q = 16h33m bei 10° öL und 21°° MESZ

Die hier angegebene Sternzeit muß auf die Sternzeit für 7 Uhr MESZ umgerechnet werden ( -14h x 60m10s ). Außerdem muß die Ortskorrektur für Bad Münstereifel (-13min) eingerechnet werden. Besitzt man eine Sternzeituhr erübrigt sich die Rechnung. Zieht man von der so erhaltenen Sternzeit den Rekaszensionswinkel a ab, so erhält man den Stundenwinkel t für 7 Uhr MESZ.

Rechnung:

Q = 16h33m - 0h13m - 14 x 60m10s
= 2h17m40s
t = q - a
= 2h17m40s - 8h56m
= 17h21m40s

Bei der Einstellung des Deklinationswinkel muß berücksichtigt werden, daß es sich bei unserer Antenne um eine Offsetantenne handelt. Bei unserer Antenne muß der Deklinationswinkel um 15,4° geringer eingestellt werden.

Delta Teleskop = Delta Himmelsjahr - 15,4°
= 17,3° -15,4°
= 1,9°

Nun stellen wir die gewonnen Daten an den Skalen der Nachführung ein und starten sie zum errechneten Zeitpunkt.

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5.6 Messungen mit dem 35cm - Offsetreflektor

5.6.1 Einfluß des Windes

In der Messung vom 12.08.93 ( Abb. 5.6.1.a ) stellten wir starke Intensitätseinbrüche fest. Wir vermuteten, daß sie auf starke Windböen zurückzuführen waren, die das optimal auf die Sonne ausgerichtete Teleskop wackeln ließen. Nach einigen Überlegungen wurde uns klar , daß das Zittern der Antenne im Wind nicht ausreichend sein konnte, um so starke Einbrüche zustande kommen zu lassen, weil die Antennenkeule sehr groß ist. Wieder standen wir vor einem Rätsel, bis uns plötzlich die Idee kam, daß die Schwankungen dadurch zustande kamen, daß der Wind den Krümmungsradius des zu stark gekrümmten Antennenkabels und somit seinen Widerstand prozentual stark veränderte, was sich natürlich auf die Intensität, also auf unsere Messungen, auswirkte. Dieses wurde uns durch die Messung am 16.08.93 bestätigt und konnte durch Handversuche (biegen des Kabels mit der Hand ) überprüft werden.

Abb. 5.6.1.a starke Intensitätseinbrüche

Der Fehler, der die Intensitätseinbrüche verursachte, wurde behoben, indem wir das Kabel in größerem Bogen verlegten, die Widerstandsänderung durch den Wind ist so minimal ( siehe Fotos Abb. 5.6.1.b / Abb. 5.6.1.c ).

Abb. 5.6.1.b Das Kabel ist zu stark gekrümmt

Abb. 5.6.1.c Der Krümmungsradius des Kabels ist in Ordnung

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5.6.2 Einfluß des Regens und der Wolken

Tag für Tag beobachteten wir mit unserem Radioteleskop die Sonne. Am 4.9.93 registrierten wir einen plötzlichen Intensitätsanstieg (s. Abb. 5.6.2.a) und voller Freude glaubten wir, einen Sonnensturm gemessen zu haben. Bedenken kamen uns jedoch, da gleichzeitig eine starke Regenschauer niederging und wir von dem Einfluß des Wassergehalts der Atmosphäre wußten.

Abb. 5.6.2.a Sonnensturm oder starker Anstieg der Intensität infolge einer Regenschauer ?

Sollte die Regenschauer zu diesem starken Intensitätsanstieg geführt haben? Um dies zu überprüfen starteten wir, noch am selben Abend, eine weitere nicht auf die Sonne ausgerichtete Messung mit unserem 35cm Teleskop. Und tatsächlich um 2047 Uhr setzte plötzlich eine sehr stake, kurze Regenschauer ein ( S. Abb. 5.6.2.b ) und verursachte einen Intensitätsanstieg, von der Größe der Strahlung der ruhigen Sonne! Wir waren enttäuscht und zugleich fasziniert, denn nach Hachenberg / Vowinkel 1982, "Technische Grundlagen der Radioastronomie", Seite 97, sollten kräftige Wolken und Regentropfen im unteren cm Bereich bis über 1,5dB dämpfend wirken.

Abb. 5.6.2.b Intensitätsanstieg infolge einer plötzlich einsetzenden starken Regenschauer

Gewiß besitzen Wolken eine Eigenrauschstrahlung. Diese kann jedoch unmöglich die Strahlung der 6000 Kelvin heißen Sonne übertreffen. Wir fanden für dieses Phänomen folgende Erklärung: Große Teleskope "sehen " aufgrund der sehr kleinen Halbwertsbreite nur Teile der Sonnenoberfläche. Dadurch sinkt die Intensität, wenn sich eine Wolke vor die Sonne schiebt. Unser kleines 35cm Teleskop besitzt jedoch eine sehr große Antennenkeule ( Halbwertsbreite = 4,8° ) und sieht also neben der Sonne (0,5°) einen großen Ausschnitt des Himmels. Dringen nun Wolken in das Gesichtsfeld des Teleskops ein (s. Abb. 5.6.2.c), so erhöht sich die Intensität infolge der Eigenrauschstrahlung der Wolken, zu der noch die, von den Wolken reflektierte Mikrowellenstrahlung der Erde hinzuzuaddiert ist, die sonst in den Weltraum abgestrahlt wird. Beides, Eigenrauschstrahlung der Wolken plus Erdstreustrahlung überwiegen also bei unserem kleinen Teleskop den ansonsten dämpfenden Effekt der Regenwolken bei der radioastronomischen Beobachtung mit Großteleskopen.

Abb. 5.6.2.c Wolken ziehen in das Gesichtsfeld des Teleskops

In manchen Messungen bemerkten wir auch einen Temperaturdrift: Mit Zunahme der Temperatur nahm die Intensität ab. Um hier Abhilfe zu schaffen, muß der LNC noch thermisch isoliert werden. Ideal wäre es um das Radioteleskop ein Wetterhäuschen aus PVC zu bauen, um es insbesondere vor Wind u. die Nachführung vor Feuchtigkeit zu schützen. Gegen Verfälschungen der Sonnenmessungen durch Wolken können wir natürlich nichts tun, außer nur bei gutem Wetter zu messen.

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6. Ausblick

Die Erfahrungen, die wir mit dem 35 cm Offsetreflektor gemacht haben, zeigen uns, daß man mit ihm nicht nur Langzeitmessungen betreiben kann, sondern, daß es sich auch für radarmeterrologische Beobachtungen eignet, z.B.: Entwicklungen von Regengebieten, erkennen von Gewitterfronten, ... Außerdem möchten wir bis zum Wettbewerb noch untersuchen, ob sich unser Teleskop auch für Laborversuche in der Schule eignet. So stellen wir z.B. fest, daß Leuchtstoffröhren relativ stark im Mikrowellenbereich strahlen.

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7. Danksagung

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Herr K.H. Hoesgen, der uns mit hilfreichen Tips und seiner großen, praktischen Erfahrung hilfreich zur Seite stand, sowie bei Herrn Walter Stein, unserem lieben Physiklehrer, der uns die ganze Zeit über betreute, und in uns viel Zeit und Arbeit investierte.

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8. Literaturliste

Herausgeber Titel
[1] Hachenberg Otto, Vowinkel Bernd Technische Grundlagen der Radioastronomie, Zürich 1982
[2] Keller Hans-Ulrich Das Himmelsjahr 1993, Stuttgart 1992
[3] Roth, Günter Dietmar Handbuch für Sternfreunde, Berlin Heidelberg 1989
[4] Thurl Walter, Ilsanker Anton Antennen für den Satellitenempfang, 2. Auflage, München 1993