Kurzfassung

Pulsarforschung und Messdatenorganisation

Eric Plum

Die Arbeit "Pulsarforschung und Messdatenorganisation" hat zwei Themenschwerpunkte:

Ihren Anfang fand diese Arbeit in einem Praktikum (Juli 2002) am 100m-Radioteleskop des MPIfR in Effelsberg (Eifel). Meine Hauptaufgabe war es, auf der Basis von Pulsarmessungen möglichst viel über Pulsare herauszufinden. Ein Pulsar ist ein Neutronenstern , welcher pulsende Radiostrahlung emittiert.

Als Datenbasis hatte ich in erster Linie die Pulsarmessungen des MPIfR in Effelsberg zur Verfügung. Diese sind auf über 200 CDs archiviert. Leider existierte kein übersichtliches Inhaltsverzeichnis; es gab nur eine computergenerierte Textdatei als Inhaltsverzeichnis zu jeder CD, also über 200 Textdateien. Da sich bei einem Inhaltsverzeichnis, welches aus über 200 Dateien besteht, Fragen wie „Wurde PSR 1133+16 jemals bei 3,6cm gemessen?“ oder „Wo gibt es eine gute 9mm-Messung der Quelle PSR 0329+54? Gibt es überhaupt eine?“ nur mit erheblichem Zeitaufwand beantworten ließen, war es naheliegend, erst einmal ein zweckmäßiges Inhaltsverzeichnis zu schaffen. Wegen des großen Datenvolumens von über 21800 Messungen und der Existenz „kleiner Inhaltsverzeichnisse“ als Dateien war es am einfachsten, eine Datenbankanwendung, die die computergenerierten Inhaltsverzeichnisse lesen kann, zu schreiben, welche über Funktionen wie „Suchen“, „Sortieren“ und „Editieren“ verfügt. Die ersten Versionen des Programms müssen wohl schon so überzeugend gewesen sein, dass man mich für einen Monat eingestellt hat, um eine „Deluxe-Version“ für die Pulsargruppe des MPIfR zu programmieren. Letztendlich ist eine gut dokumentierte englischsprachige Version für Windows und Linux mit gleichem C++ Quelltext entstanden, in die ein Auswertungsprogramm für Pulsarmessungen direkt eingebunden ist. Diese Version läuft auf einem Windows/Linux (dual boot) Rechner in Effelsberg, auf dessen Festplatten (2x 160 GB) das gesamte Pulsararchiv des MPIfR kopiert worden ist für die direkte Übergabe der Messdaten von der Datenbank an das eingebundene Analyseprogramm, und zwar ohne CD-Suche. Ein entsprechendes System wird auch am MPIfR in Bonn für die Pulsarforschung eingerichtet.

Radioteleskop Effelsberg
 
Pulsarmessung (PSR 1133+16, 1,4 GHz)

Nach Fertigstellung einer ersten Version des Datenbankprogramms habe ich mich erst einmal der Analyse von Messdaten (siehe Abbildung) gewidmet. Ziel war die Gewinnung möglichst vieler Erkenntnisse über Pulsare auf der alleinigen Basis der Messdaten. Die Erkenntnisse sollten also weitgehend unabhängig von den Ergebnissen anderer Forschungen gewonnen werden. Dies hat zur Folge, dass das so entstandene Pulsarmodell, welches im Einklang mit den aktuellen Erkenntnissen der Pulsarforschung steht, einerseits viele Fragen zu Pulsaren beantwortet, andererseits aber auch von interessierten Laien mit soliden Oberstufenphysikkenntnissen verstanden werden kann. Physiklehrer könnten ihre Schüler in Physikleistungskursen oder einer Astronomie AG Teile des Modells anhand von Messdaten (aus der Arbeit oder dem Internet) selbst erarbeiten lassen und so physikalisches Denken üben und den Unterricht interessanter machen. Auch bietet das Modell viele Anknüpfungspunkte für weitere Untersuchungen, für die ich (noch) keine Zeit gefunden habe. Solche Anknüpfungspunkte könnten von neugierig gewordenen Lesern dann selbst untersucht werden (Messdaten unter http://www.mpifr-bonn.mpg.de/div/pulsar/data/). Sie eignen sich auch gut als Themen für Physik Facharbeiten.

 
Das Pulsarmodell beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit folgenden Bereichen:
  • Wie ist eine Pulsarmessung (Profil) zu interpretieren?
    (Als Schnitt durch einen Strahlungskegel, siehe Abbildung.)
  • Wo kommt die Strahlung her?
  • Gibt es einen Zusammenhang zwischen Strahlungsort und Wellenlänge? Welchen?
  • Wie wirkt sich der Winkel zwischen Rotations- und Magnetfeldachse auf ein Pulsarprofil aus? (Wichtig für eine richtige Interpretation der Messungen)
  • Wie verändert sich ein Pulsarprofil mit der Wellenlänge?
  • Was für eine Art von Strahlungsvorgang kommt in Frage?
Strahlungsdoppelkegel eines Pulsars

Bei allen Erkenntnissen, sofern nicht anders angegeben, handelt es sich um eigene Erkenntnisse auf der alleinigen Basis von Messdaten. Einige Fragen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Strahlungsmechanismus, sind im Moment (2002/2003) Gegendstand aktuellster Pulsarforschung, da noch keine Theorie die Beobachtungen vollständig erklären kann.

Als besondere Ehre empfand ich es, als die Pulsarforschergruppe des MPIfR mich zu einem Gastvortrag einlud, den ich am 17. September 2002 am MPIfR in Bonn gehalten habe. Mein englischsprachiger Vortrag (50min) über die Pulsarmessdatenbank und insbesondere das Pulsarmodell endete in einer regen Diskussion in der mir die interessierten Zuhörer unter anderem auch den Einklang meiner Ergebnisse mit ihren Forschungsergebnissen bestätigten. Ganz besonders hat es mich gefreut, dass Alex Wolszczan unter meinen Zuhörern war, der Pulsarforscher der 1991 durch Messungen am Arecibo Telescope (Puerto Rico) die ersten zwei extrasolaren Planeten entdeckt hat, ein Planetensystem um den Pulsar B1257+12.

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